Auf dem Hof am Berg, an dem wir morgens früh ankommen, scheint die Sonne auf den mit Blättern überdachten Tisch. Seit kurzem ist er morgens mit kühlem Tau bedeckt, der Herbst ist greifbar nahe.
Bei einem kurzen Rundgang vorbei an den verschiedenen Ställen und Weiden, haben wir sie schon gesehen:
Unsere zwei Begleiter für die nächsten beiden Tage. Der eine groß und dunkelbraun, der andere kleiner, rundlicher und hellgrau-meliert. Isodora und Tom heißen sie, 2 Esel.
Die Wanderroute scheint nicht schwer zu sein, am Nachmittag müsste unser Ziel, eine Schwarzwaldhütte auf der anderen Seite des Tals, erreicht sein. Die Esel werden unser Gepäck tragen dorthin, Schlafsäcke inklusive. Wir wollen eine Nacht im Heu schlafen.
Wir sind nun eine kleine Herde, bestehend aus 2 Frauen, 4 Kindern und eben jenen Eseln. Nervosität kribbelt in meinem Bauch wie kleine flinke Ameisen: Werden sie immer mit uns gehen wollen? Wir haben eine Gerte mitbekommen…müssen wir sie einsetzen?
Wir ziehen lachend und schwatzend ins Tal, die Sonne strahlt über uns, der Himmel leuchtet in schönstem Spätsommerblau. Durch die Autos, die in schnellem Tempo die Talstraße entlang fahren, lassen sich die beiden nicht aus der Ruhe bringen. Nun können wir sie endlich kreuzen und sind im Wald angelangt!
Kurz darauf stehen wir vor einem kleinen Bachlauf. Der Weg führt hinüber und steigt danach wieder steil an. Isodora bleibt stehen, will nicht weiter. Auch mit Gerte (die wir nur zaghaft einsetzen): Keine Bewegung.
Irgendwann dann, als Tom auf der anderen Seite weitergeht, kommt auch sie.
Ich schwitze. Der Weg führt uns hinaus zu einem Wiesenhang, an seiner Seite ein mit Stacheldraht umzäuntes Haus. Ein Schäferhund bellt uns wütend an. Beide Esel weigern sich, dort vorbei zu gehen. Schließlich läuft Tom, immer wieder grasend, weiter.
Isodora – nicht. Wir ziehen, wir schieben (obwohl wir eigentlich wissen, dass das nutzlos ist) – nichts. Die Sonne brennt nun wirklich heiß direkt auf unsere Köpfe, meiner schmerzt. Wir geben resigniert auf, setzen uns oben am Rand der Wiese unter einem Baum in den Schatten.
Dann geht das große Kind hinunter zu ihr, legt ihr einen Arm um den Hals, redet leise zu ihr. Und schließlich – kommt sie. Dieses Bild prägt sich mir tief ein: Das Kind mit ruhigem Blick, der Esel daneben, wie sie den Hang hinauf laufen.
Ab diesem Zeitpunkt sind wir tatsächlich zur Herde geworden. Wir beginnen daraufhin mehr und mehr, zu verstehen und genau zu beobachten. Die Wanderung wird zum Mit-einander.
An diesem Tag verlaufen wir uns sehr. Wir gehen einen gefährlichen Weg, an unserer Seite fällt es steil ab, Felsbrocken überall. Die Esel bleiben ruhig, geduldig. Wir müssen umkehren, alles wieder zurück laufen, dann liegt immer noch ein weiter Weg vor uns. Wir Erwachsenen zweifeln, ob man das alles den Kindern noch weiter zumuten kann. Aber diese sind willensstark, wollen weiterlaufen.
Am Abend erst kommen wir an unserem Ziel an, erschöpft aber stolz. Und dankbar, dass alles gut gegangen ist, auf unserem Irrweg. Dankbar für die freundlichen Menschen, die uns unterwegs begegnet sind und uns geholfen haben, den richtigen Weg zu finden. Dankbar für das gute Essen, das wir nun bekommen. Für das weiche Strohlager in dieser Nacht.
Und vor allem ihnen sind wir dankbar: Unseren zwei Esel-Begleitern.
Naßgefilztes Wollwesen-Eselchen
Informationen zum Esel-Trekking im Schwarzwald findet man hier.
Ich grüße Euch alle mit muskelverkaterten Waden,
aber glücklich,
Frau Wollwesen
Und heute wieder verlinkt bei Caro von Naturkinder.